Verehrung einer einsamen Frau
Sie war meine Mutter
„einsam“ kam sie auf die Welt
und so blieb sie auch, ein Leben lang.
Auf den Leib hatte ihr das Schicksal
ein Kleid genäht, das grösser als sie selbst war.
Dessen Bedeutung
hatte sie jedoch,mit Demut, in sich getragen.
Trotz ihrer kleinen Gestalt
trug sie mit Würde
schon in der Blüte ihrer Jugend
eine Frucht des Lebens zur Schau
die kaum „grösser“ als sie selbst war.
Meine Mutter
besass den Stolz
des einfachen Menschen
und nicht die Torheit des Angebers.
Sie lebte dennoch tagtäglich
ihr eigenes Leben
alles gern annehmend
und ohne sich gross zu beschweren.
Obwohl sie für eine solche Last
und alle Lebensumstände
zu schwach, fast wehrlos war
hat sie stoisch alles akzeptiert.
Unbekümmert, wie ein kleines Mädchen
hat sie die Erwachsene gespielt
und sie hat es sehr gut getan
obwohl sie „einsam“ geboren wurde.
Sie erlitt die Schmach der Worte
und die Demütigung der Hiebe
und lebte daher weiterhin „einsam“:
Wie ein Grashalm
widerstand sie dem Sturm der Verachtung
und blieb ihrer Pflicht als Frau treu
ohne je auszuweichen
ihren körperlichen
und seelischen Wunden trotzend.
Ihrem Leben, wenngleich so kurz
hat sie einen Sinn gegeben:
„Einsam“ ist sie ausschließlich für uns gewesen
um uns auf die Welt zu setzen
um uns wachsen und spielen zu sehen.
Und sie hat auch aufgrund der Verfehlungen
jener gelitten,die nicht rechtzeitig begriffen haben
dass sie schon Mutter war
als sie zur Welt kam.
Sie besitzt nun
die Liebe von uns allen
und wer sie nicht verstanden
und dennoch verurteilt hat
ist wahrlich der Einzige
der „einsam“ geblieben ist !
Alle diese Gedanken sind meiner Mutter, der ich mehr schulde als bisher angenommen, gewidmet. Sie steht leider nicht mehr zur Verfügung, umarmt und verwöhnt zu werden. Auch nicht um zu hören, wie lieb sie uns hatte. Trotzdem fühle ich mich jetzt nie allein. Denn in jedem Windhauch erspüre ich jetzt ihre Stimme, in jedem Sonnenstrahl ihre Wärme, in jedem Herzschlag teil von ihr zu sein. Und jedes Mal, wenn ich die Augen schließe, werde ich sie wieder sehen, selbst dann, wenn ich mal erblinden sollte.
Danke liebe Mama, das Leben, das Du uns gabst, wird Deine tiefe Liebe nachhaltig bezeugen.
Roberto Cilento.